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Vorpremiere des Dokumentarfilms „Das digitale Dilemma“ im Europäischen Parlament

30. November 2023 | Informationen

Ein besonderer Abend

Das digitale Dilemma im EU-Parlament in Brüssel, am 14. November 2023

Ein großes Dankeschön

 „Das Volk hat die Macht, aber die Lobby hat sie übernommen“, so die EU-Parlaments-Abgeordnete Michéle Rivasi in ihrem Schlusswort zu einer besonderen Abendveranstaltung, zu der sie ins Brüsseler Parlament eingeladen hatte. Sie forderte in einer Art Schlussplädoyer zur vorgezogenen Film-Premiere, dass wir alle uns wieder unserer demokratischen Rechte und Möglichkeiten besinnen und uns nicht weiterhin in die Hände der Industrie und ihrer digitalen Verlockungen begeben.

Es war das Schlusswort einer mutigen Politikerin, einer couragierten Frau, die von je her Klartext redet und kein Blatt vor den Mund nimmt, was der Film auch aufzeigt. Eine Kämpferin, die, wie es scheint, zu einer aussterbenden Spezies gehörenden, französischen „Grünen“, und vor allen Dingen eine, die sich selbst in den eigenen Reihen zunehmend schwertut mit ihren Anliegen.

So kämpft sie z.B. für die Anerkennung der Leiden elektrosensibler Menschen und fordert Lösungen oder setzt sich für eine umfassende Aufklärung der Bevölkerung zum Stand der wissenschaftlichen Mobilfunk-Forschung ein.

Die Kritik am digitalen Fortschritt ist unerwünscht und unbeliebt.

Das spürt Michéle Rivasi bereits in ihrer dritten europäischen Amtsperiode. Die Gesundheitsrisiken werden banalisiert und die Perspektiven einer komplett vernetzten Digitalwelt in den schönsten Farben gemalt und gefeiert. Auch darauf geht der Film ein.

Dass Das Digitale Dilemma tatsächlich im Brüsseler EU-Parlament in einer französisch/englischen Fassung in diesem exklusiven Rahmen gezeigt werden konnte, dass uns bei der Finanzierung des knapp anderthalbstündigen Dokumentarfilms durch viele großzügige Spender geholfen wurde, all dies sehe ich mit großer Dankbarkeit als ein positives Omen. Denn es muss sich was ändern, wir stecken mitten drin im digitalen Dilemma.

Das „War-Game-Memo“

Die in der Öffentlichkeit gängige Darstellungsform, Probleme wegzulassen, heile Welt vorzugaukeln, ist klassische Lobbyarbeit der Werbestrategen. Es war eine der weltweit führenden Agenturen, BursonMarsteller, die im Auftrag des Mobilfunk-Pioniers Motorola bereits 1993 ein Strategiepapier
ausarbeitete, das später als „War-Game-Memo“ in die Wissenschaftsgeschichte einging. Zu einer Zeit, als die Veröffentlichung einer Mobilfunkstudie mit besorgniserregenden Ergebnissen für die Gesundheit der Nutzer bevorstand, wandte sich der damalige Motorola Technikchef an die Agentur, die bereits Kunden wie Coca-Cola, Ford oder McDonald’s den Weg ins Umsatz- und Gewinn-Paradies gewiesen hatten.

Die damaligen Regieanweisungen der „Meistermanipulierer“ ist bis heute gültig und kommt permanent zur Anwendung.

Zusammengefasst läuft die Strategie so ab:

  • Generell jedes Studienergebnis, das Probleme mit der Mobilfunkstrahlung findet, anzweifeln.
  • Die Qualität der Arbeiten infrage stellen.
  • Zur Not die Wissenschaftler diskreditieren.
  • Eigene Studien in Auftrag geben und die frohe Botschaft der Unbedenklichkeit weit verbreiten.

Wäre hinzuzufügen, als herausragend zahlender Werbekunde kann man bei der Verbreitung der frohen Unbedenklichkeits-Botschaften auf freundliche Unterstützung der Medien setzen. Soviel zur Meinungsfreiheit.

Interessenskonflikte bei der ICNRRP

Im Film sagt Madame Rivasi Dinge wie: „Die ICNIRP ist eine geschlossene Zelle mit dem Zweck, die Industrie zu promoten.“ In der Tat hatte sie zusammen mit dem damaligen EU-Parlaments-Abgeordneten Prof. Dr. Klaus Buchner die ICNIRP (Internationale Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung) unter die Lupe genommen und in einem umfangreichen Report die Interessenkonflikte der Mitglieder aufgedeckt. Es ist demnach wesentlich die Industrie selbst, welche die Normen setzt, die Grenzwerte für die Verbraucher festlegt und permanent das „No-Problem“- Motto propagiert.

Besorgniserregende Studienergebnisse mit klaren Hinweisen auf erhöhte Krebsgefahr werden dann gerne einmal als „nicht reproduzierbar“  dargestellt. Und wenn dann doch rein zufällig ähnliche Studienergebnisse auftauchen, ja dann sind diese Studien nur von geringer Qualität. Auch dieses Diskreditierungs-Muster greift der Film auf.  Ein hoch geschätzter Wirtschaftswissenschaftler aus München, Professor Christian Kreiß, Autor von Büchern wie Gekaufte Forschung und Gekaufte Wissenschaft, sagt im Film u.a.:

„… da reicht es, wenn sie ein paar wenige abwatschen, dass dann die anderen sich sehr gut überlegen, ob sie sich mit den großen Industrien anlegen. Also die meisten Vorgehensweisen laufen viel, viel subtiler, eben in der Vorauswahl bereits, dass man so Leute, die
wirklich Ökonomie kritische Politik, kritische Äußerungen machen, Nachwuchswissenschaftler, die kommen heute eigentlich gar nicht mehr hoch.“

Auch ein nicht zu unterschätzender Teil unseres digitalen Dilemmas.

Im Film kommen viele äußerst interessante Menschen zu Wort, die Diskussion nach der Vorführung war sehr anregend, zumal im Podium mit Professor Klaus Buchner und Professor Suat Topsu zwei Physiker saßen, die sich das Mobilfunkthema zur Lebensaufgabe gemacht haben. Klaus Buchner durch eine unermüdliche Aufklärungsarbeit und Suat Topsu aus Paris als Vater der LiFi-Technik. Die Besonderheit seiner Arbeit besteht darin, dass er sich wegen der zunehmenden Strahlenbelastung bereits ab 2006 mit dem Thema auseinandergesetzt hat und schon 2008 marktfähige Lösungen anbieten konnte.

Eine für mich als Filmemacher amüsante, aber durchaus auch tief berührende Story erzählte Suat Topsu gleich zur Einführung an diesem besonderen Abend im Parlament. Er habe nämlich zusammen mit seiner Frau meinen ersten Mobilfunkfilm im französischen Fernsehen angeschaut (Portables en Accusation, FR2, 50 Min. – Ausstrahlung Mai 2006), worauf seine damals schwangere Frau sagte, er solle sich da „mal was einfallen lassen, schließlich wollen wir gesunde Kinder!“

Klaus Scheidsteger

Madame Michele Rivasi ist 15 Tage nach diesem Anlass leider plötzlich verstorben